Carsten Fock


geboren 1968 im thüringischen Weida
lebt und arbeitet in Bamberg und Dänemark

nanmellinger.de


Untitled-(purple-sun)
2022
pastel-on-Hahnemuehle
41 x 31 cm

 


Inner Light
2022
Goldlackstift auf Leinwand
100 x 120 cm

 


2022
Goldlackstift auf Leinwand

 


Ohne Titel
(Landschaft und Vergessen)
2020
116 x 162 cm

 


Ohne Titel
(silver surfer)
2020
116 x 162 cm

 

Carsten Fock, Endlichkeit

Da steht er, der kleine Junge, und schaut es sich an, das große Grauen, Leidensbilder, den Nebel dieser Welt, die Soldaten, wie sie losmarschieren, heil und stier, die Soldaten wie sie sterben, allein und schmerzensstill, die Soldaten, wie sie die Hölle bewohnen, die die Erde ist, er schaut und erstarrt und erkennt, der Junge an der Hand des Großvaters im Museum in Dresden, die Menschen dort, zerfetzt durch den Wahn anderer, sie sind wie er, sie sind wie alle, und was er sieht in dem Triptychon „Der Krieg“ von Otto Dix, das wird er nie vergessen, im Gegenteil: „Damals habe ich kapiert, ich will Künstler werden. Und Mensch.“

Er wusste auch, dass beides nicht so einfach werden würde. Für das eine, heißt es, gibt es eine Ausbildung, eine Hochschule oder Akademie, es gibt Techniken, es gibt Klassen, Lehrer und Kollegen, es gibt Ehrgeiz und Neid, es gibt Scheitern und Erfolg, und die Einsamkeit vor der Leinwand, es gibt Musik, die wichtig ist, es gibt einen Prozess, und am Ende ist, meistens, etwas zu sehen – für das andere aber gibt es nur das Leben, auch das für die meisten ein Prozess, aber ganz anders, mehr in dem Sinn von Franz K., wonach sie sich fragen, die Menschen, was sie getan haben, damit sie dieses Urteil verdienen, denn die Anklage wird nie verlesen.

 

Worin besteht die Freiheit des Menschen? Was passiert, wenn man etwas imaginiert, das es so nicht gibt? Ist das der Grund der Trauer? Ist das der Antrieb, die Wut? Ist das das Drama, jeden Tag von Neuem, für all die, die nicht aufhören wollen, die nicht aufgeben wollen, die weiter machen, weil es um „die ewige Revolte“ geht, die es nie geben wird im Leben, aber auf der Leinwand, das ist der Tausch, der leidenschaftliche Tausch des Künstlers, das ist die Einsicht, nicht als Ergebenheit, eher als Tribut an die Endlichkeit.

Sie flirren fast, diese Landschaften, die Fock seit Jahrzehnten als Metapher und Struktur beschäftigen, der Watzmann, DER BERG, lila erleuchtet, skizzenhafte Andeutungen von schwerem Stein auf beiger Leinwand, eine Begegnung mit der Dauer, die durch Eruption und Revolte entstanden ist. DER BERG, wie er sich dem Betrachter entzieht, durch Wolken, Lichtbrechungen, Verwerfungen, wie er sich dem Auge oder der Seele, falls es sie gibt, offenbart, strahlend im Gelb eines Morgens, den es so nie gab und so nie geben wird und der doch auf uns wartet, am Ende, möglicherweise.

Die Bilder, die Carsten in den vergangenen Wochen und Monaten gemalt hat, beeindrucken, weil sie den Moment überdauern, sich aus der Zeit stehlen und sich unserer Gegenwart zugleich mit aller Kraft stellen. Jede Arbeit ist Transfer, gezeichnet von Anfängen, Übergängen, Wiederbegegnungen, Wiederbesteigungen, Abstürzen, Gratwanderungen, Tälern. Diese Berge haben Gipfel, die sich dem entziehen, der sie betrachtet; sie sind zugleich Höhepunkte und gewaltige Hindernisse, Setzungen, in denen sich versteinerte Natur, der Berg als kunsthistorisches Narrativ, mit einer massiven Sehnsucht und einem Ankämpfen gegen das Erstarren in der Zeit verbinden.


Georg Diez

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